Die Schleusenanlage Kiel-Holtenau trennt den Nord-Ostsee-Kanal als meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt von der Kieler Förde. Sie besteht im Wesentlichen aus zwei Doppelkammerschleusen und einem Entwässerungssiel. Durch die Schleusenanlage Kiel-Holtenau werden jährlich bis zu 30.000 Schiffe der Berufsschifffahrt geschleust, wobei aktuell lediglich die Große Schleuse für den Schiffsverkehr genutzt werden kann. Weiterhin kommen in den Sommermonaten tagsüber und bei sichtigem Wetter ca. 12.000 Sportboote pro Saison hinzu.
Die Tore der Großen Schleuse werden mittels Triebstöcken bewegt, welche wiederum über ein zwischengeschaltetes Getriebe von Elektromotoren angetrieben werden. Um den Schleusenbetrieb bei Ausfällen einer Antriebseinheit aufrecht zu erhalten, können die Triebstöcke über einen redundanten Antriebsstrang angetrieben werden. Jedes Tor besitzt ein eigenes angetriebenes Triebstockpaar. Die bestehenden Getriebe sind mitunter 45 bis 50 Jahre alt und überschreiten die nach DIN 19704 vorgesehene Nutzungsdauer von 35 Jahren deutlich. Aus diesem Grund sind die Antriebe oder einzelne Komponenten zu erneuern.
Der Geschäftsbereich SBE Magdeburg der Tractebel Hydroprojekt GmbH untersucht in Zusammenarbeit mit dem Geschäftsbereich Weimar im Auftrag des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Kiel-Holtenau mögliche Sanierungs- und/oder Modernisierungsmaßnahmen bezüglich der Antriebseinheiten. Diese sollen sich auf die Elektromotoren, die Getriebe, die Feststellbremsen, die Überlastsicherung, die Steuerung der Antriebe und bei Bedarf die Antriebswelle mit Ritzel mit Triebstock eingriff fokussieren. Weiterhin sollen parallel Ersatz- und Neubauvarianten untersucht werden, welche einen kompletten Umbau der technischen Anlage und die Änderung des Antriebsprinzips beinhalten. Hierbei sind die gegebenen Randbedingungen (Gebäudestruktur, vorhandene Steuerung der Schütze der Umlaufkanäle und der Leitzentrale, sowie der gebäudetechnischen Anlagenteile) zu berücksichtigen. Die Grundlage für die Planungsschritte bildet eine vollständige Aufmessung der Antriebseinheiten und der Randbedingungen (Gebäudeabmessungen, Einbauten, vorhandene technische Ausrüstung, usw.) der vier sich in Betrieb befindlichen Torhäusern der Großen Schleuse. Die sich daraus ergebenen Erkenntnisse wurden im Rahmen einer 3D-Modellierung des Bestandes aufgenommen. Diese Bestandsmodellierung bildet anschließend die Basis für die Untersuchung der verschiedenen Modernisierungs-, Instandsetzungs- und Neubauvarianten.
Im Zuge der finalen Bearbeitung der Vorplanung und Festlegung einer Vorzugslösung wurde der Geschäftsbereich Magdeburg mit der Messung der aktuell vorliegenden Antriebslasten beauftragt. Darin beinhaltet ist die Planung und Durchführung der Messung, sowie die Konstruktion, Herstellung und Montage der Messmittel (z. B. Messbolzen). Die Auswertung der Ergebnisse soll die Bemessungsgrundlage aus der Grundlagenermittlung verifizieren und gegebenenfalls als Basis für die Entwicklung zukünftiger neuer Verschlusskörper dienen.
Tobias Schaulat – Magdeburg