Nach den verheerenden Hochwasserereignissen im Sommer 2013 an Donau und Elbe entschloss sich die Bundesregierung zur Umsetzung eines Nationalen Hochwasserschutzprogrammes. In dieses Nationale Hochwasserschutzprogramm wurden bundesweit ca. 200 Maßnahmen aufgenommen, bei welchen eine überregionale Wirksamkeit angenommen wird. Tractebel Hydroprojekt engagiert sich für die Umsetzung des Nationalen Hochwasserschutzprogrammes und des Flutpolderprogramms an der Bayerischen Donau.
Im Mai 2021 veröffentlichte das Umweltbundesamt die Ergebnisse einer Wirksamkeitsanalyse relevanter Maßnahmen (siehe https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/geplante-massnahmen-desnationalen). Diese Wirksamkeitsanalyse wurde durch die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) im Rahmen eines fünfjährigen Forschungsvorhabens erstellt. Die Ergebnisse zeigen, dass durch die vorgesehenen Maßnahmen über weite Streckenabschnitte eine Reduzierung der Pegelstände um 10 bis 70 cm möglich ist.
Die Tractebel Hydroprojekt GmbH (THP) erarbeitet derzeit im Auftrag des Freistaates Thüringen die Hochwasserschutzkonzepte für die mittlere und untere Unstrut. Im Rahmen dieses Auftrags wurde die BfG bei der Erstellung dieser Wirksamkeitsanalyse unterstützt: THP erbrachte die entsprechenden Nachweise für Unstrut und Gera in Thüringen als wesentliche Nebengewässer der Saale und damit der Elbe. Dafür wurde ein großräumiges 2D-Modell erstellt (ca. 160 Gewässer-km). Mit diesem Modell wurde die Wirksamkeit der vorgesehenen Deichrückbauten und Deichrückverlegungen mit dem zugehörigen Gewinn an Retentionsraum nachgewiesen. Gegenwärtig arbeitet Tractebel Hydroprojekt an der Konkretisierung dieser Maßnahmen auf dem Unstrut-Abschnitt vom Hochwasserrückhaltebecken Straußfurt bis zum Pegel Wangen in Sachsen-Anhalt.
Des Weiteren ist Tractebel Hydroprojekt als Planer in unterschiedlichen Planungsstufen und mit unterschiedlichen Aufgaben an zahlreichen Projekten des Nationalen Hochwasserschutzprogramms beteiligt. Dazu gehören insbesondere:
- der Neu- bzw. Umbau von Poldern wie
- Polder Aussig und Dautzschen an der Elbe
- Polder Elster-Luppe-Aue an der Weißen Elster
- Flutpolder Öberauer Schleife an der Donau
- Verbesserung des Hochwasserschutzes im Selketal
- Hochwasserrückhaltebecken Selke bei Straßberg
- Hochwasserschutz untere Selke
- Umsetzung der Verbundmaßnahme Kinzig
- Hochwasserrückhaltebecken Bad Soden/Salz
- Untersuchungen zum erweiterten Rückhaltekonzept im bayerischen Maineinzugsgebiet.
Für die Umsetzung des erweiterten Rückhaltekonzeptes im Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus entwickelte Tractebel Hydroprojekt im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) eine Methodik, mit welcher für das bayerische Maineinzugsgebiet mögliche Standorte für große Hochwasserrückhaltebecken identifiziert und hinsichtlich ihrer übergebietlichen Wirksamkeit bewertet werden können. Diese Methodik wurde im Folgenden weiterentwickelt und auch auf größere Nebengewässer der Donau in Bayern angewandt mit dem Ziel, die Wirksamkeit von Hochwasserrückhaltebecken in den Nebeneinzugsgebieten auf die Donau im Vergleich zur Wirksamkeit der drei im bayerischen Koalitionsvertrag strittigen Flutpolder Bertoldsheim, Eltheim und Wörthhof zu bewerten. Dafür wurden geeignete, von THP identifizierte Standorte für große Hochwasserrückhaltebecken in den Einzugsgebieten von Lech, Naab und Regen in ein großräumiges hydrologisches Modell integriert und in ihrer Wirksamkeit mit den Flutpoldern an der Donau verglichen.
Im Ergebnis dieser Untersuchungen, an denen mehrere Büros und Universitäten beteiligt waren und deren Erkenntnisse durch das LfU in einem Synthesebericht zusammengeführt wurden, konnte nachgewiesen werden, dass Hochwasserrückhaltebecken an den Nebeneinzugsgebieten zwar einen Beitrag für den Hochwasserschutz an der Donau leisten können, dass sie aber nicht die Flutpolder ersetzen können. Die Wirksamkeit von Hochwasserrückhaltebecken in den Nebeneinzugsgebieten auf die Donau ist deutlich geringer als diejenige von Flutpoldern unmittelbar an der Donau. Die Ergebnisse dieser Studien wurden im Juli 2021 durch den Bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Herrn Glauber, der Öffentlichkeit vorgestellt und der Synthesebericht veröffentlicht (siehe https://www.stmuv.bayern.de/themen/wasserwirtschaft/hochwasser/flutpolderstudie.htm). Das Bayerische Kabinett hat auf dieser Grundlage entschieden, die Planungen für die Flutpolder an der Donau mit insgesamt neun Standorten, darunter auch Bertoldsheim und Wörthhof (große Variante), weiterzuführen.
Dr. Stefan Schmid – Weimar